Transkritische CO2-Kälteanlage für die Eishockey-Arena in Visp
Während die meisten Eishockeystadien und Eislaufbahnen Ammoniak-Kälteanlagen nutzen, arbeitet in der "Lonza Arena" in Visp eine transkritische CO2-Anlage mit Bock-Verdichtern. Ein Vorteil ist, dass die Technik sowohl Kälte für die Eisfläche und die Klimaanlage als auch Wärme auf hohem Temperaturniveau bereitstellt. Das wirkt sich positiv auf die Betriebskosten aus und macht weitere Wärmeerzeuger überflüssig.
Eis-und Mehrzweckhalle für Energiestadt Visp
Die Stadt Visp im Schweizer Kanton Wallis ist eine „Energiestadt“, das heißt, sie engagiert sich für die effiziente Nutzung von Energie, den Klimaschutz und erneuerbare Energien. So war es für die Gemeinde selbstverständlich, auch bei der im Herbst 2019 fertiggestellten Eis- und Mehrzweckhalle den Minenergiestandard einzuhalten. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet die Technik, die Kälte und Wärme für das Objekt mit seinen 5.700 m² Gesamtfläche bereitstellt.
Heiß auf Eis: Auch die Eisaufbereitung braucht Warmwasser
Kälte wird sowohl für das Eisfeld als auch für die Klimatisierung benötigt, Wärme dient zum Heizen (über die Bauteilheizung und die Lüftungstechnik) sowie der Warmwasserbereitung und – auch wenn es auf den ersten Blick paradox wirkt – der Pflege der Eisfläche. Durch Präparieren der Eisoberfläche mit Warmwasser werden Unebenheiten oder Spuren der Schlittschuhkufen beseitigt. Dazu wird das Eis vom warmen Wasser kurz angelöst, sodass es danach zu einer spiegelglatten Ebene zufrieren kann.
Abwärmenutzung auf hohem Temperaturniveau
Um den Kälte- und Wärmebedarf effizient zu decken, entschieden sich die Gemeinde Visp als Investor und das mit der Generalplanung des Energiekonzepts beauftragte Büro Leplan, für eine transkritische CO2-Anlage mit 600 kW Kälteleistung.
Eine ungewöhnliche Entscheidung, denn die meisten Eishallen nutzen Ammoniak als Kältemittel und -medium, doch die Wahl von Kohlendioxid hat mehrere Vorteile: Zum einen ist das natürliche Kältemittel CO2 im Gegensatz zu Ammoniak nicht reizend, falls eine Leckage auftreten sollte, zum anderen erzeugt die transkritische Anlage zeitgleich zur Kälte auch Wärme auf einem für Heizzwecke und die Warmwasserbereitung ausreichend hohem Temperaturniveau. Daher konnte bei dieser Eishalle auf zusätzliche Heizquellen verzichtet werden.
Schweizer Planer mit internationalen Erfahrungen
Mit der Planung und Umsetzung der Kälte- und Wärmetechnik wurde das Schweizer Unternehmen Zero-C in St-Pierre-de-Clages beauftragt. Es hatte zuvor schon etliche Erfahrungen mit transkritischen CO2-Anlagen gesammelt, und zwar – entscheidend für das Projekt in Visp – auch bei Eislaufbahnen.
Diese stellen besondere Anforderungen an das System, wenn das Kältemittel CO2 auch in den Kühlrohrschlangen unter der Eisfläche expandiert. Dann muss das im System befindliche Öl nämlich auch aus dem weitverzweigten Rohrsystem der Eisbahn zurückgeführt werden.
Zero-C konnte unter anderem Know-how nachweisen, dass das Team 2012 bei der Umsetzung der weltweit ersten transkritisch gebauten Eisbahn in Kanada gesammelt hat. Dies gab den Ausschlag bei der Wahl des Technikpartners.
Geringer Ölwurf der Bock-Verdichter von Vorteil
Das oben erwähnte Ölmanagement fällt umso leichter, je weniger Öl in das gesamte System eingetragen wird. Daher orderte Zero-C die Kernkomponenten der transkritischen Anlage bei der Christof Fischer GmbH (Kernen im Remstal), einem Anbieter, der für Systeme auf Basis von Bock-Verdichtern bekannt ist. Die Bock-CO2-Verdichter werden in der Branche sehr für ihren geringen Ölwurf geschätzt. Für Bock als Lieferant sprachen außerdem die jahrzehntelange Erfahrung mit transkritischen CO2-Anlagen und die hohe Effizienz der Verdichter.
Da für die Arena in Visp etwa 600 kW Kälteleistung erforderlich sind, hatte Zero-C fünf transkritische Bock-Verdichter des Typs HGX46/440-4S CO2 T für das Herz der Kältezentrale gewählt.
Flusswasser oder Tiefenwasser als Wärmequelle bzw. -senke
Steht der Wärmebedarf im Vordergrund, lässt sich die CO2-Kälteanlage – im Grunde eine reversible Wärmepumpe – zu Heizzwecken nutzen. Da Kälte- oder Wärmebedarf nur selten gleich groß sind, kann ein Energieüberschuss oder -defizit über das Flusswasser der nahen Rhone ausgeglichen werden. In Ausnahmefällen, wenn das Flusswasser für einen wirkungsvollen Wärmepumpenbetrieb zu kalt sein sollte, lässt sich auch Tiefenwasser nutzen.
Auf einen konventionellen Gaskühler, wie er bei anderen transkritischen Anlagen zum Abführen des Wärmeüberschusses an die Umgebungsluft dient, konnte bei dieser Anlage dank Abwärmenutzung und Wasserkühlung verzichtet werden.