Neue Füllgrenzen für brennbare Kältemittel: Antworten auf Ihre Fragen
Anfang 2019 überarbeitete die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) ihre Sicherheitsnorm IEC 60335-2-89 und hob die Füllgrenze für brennbare Kältemittel in autonomen Gewerbekältegeräten an.
Diese Nachricht ist wichtig, da der Übergang zu Kältemitteln mit geringem Treibhauspotenzial (GWP) dazu führen wird, dass in der Gewerbekältetechnik zunehmend brennbare Kältemittel wie Propan (R290) und Isobutan (R600a) zum Einsatz kommen werden.
Die Änderung hat jedoch das Potenzial, einige Verwirrung zu stiften. Die neuen Füllgrenzen treten beispielsweise in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten in Kraft und gelten dabei für einen Teil der Anwendungen, jedoch nicht für alle. Außerdem hängen sie von der Größe eines Raumes ab, in dem das Gerät verwendet werden kann. Um Klarheit zu schaffen, beantworten wir hier einige häufig gestellte Fragen zu den neuen Grenzwerten.
Die Füllgrenzen für leicht entflammbare A3-Kältemittel wurden von 150 auf 500 g erhöht. Für schwerer entflammbare Alternativen (A2 und A2L) wurde der Grenzwert von 150 g auf 1,2 kg erhöht.
Die neuen, höheren Grenzwerte gelten jedoch nur für bestimmte Anwendungen und nur in Räumen einer bestimmten Größe. Es wird auch einige Zeit vergehen, bis sie sich in überarbeiteten Änderungsständen der nationalen Vorschriften wiederfinden.
Das ist schwer zu sagen. Dies wird von Land zu Land unterschiedlich sein, da die internationale IEC-Norm eine freiwillige internationale Empfehlung ist. Damit diese Empfehlung rechtlich bindend wird, muss sie in die nationalen Sicherheitsvorschriften des jeweiligen Landes überführt werden, z. B. in die ASHRAE-Normen, die UL 60335-2-89 in den Vereinigten Staaten, die Norm EN 60335-2-89 in Europa und in die chinesische Norm GB9237.
Häufig werden die Normen nach einem strikten Zeitplan überarbeitet. Die offizielle Umsetzung der neuen Grenzwerte in nationales Recht kann deshalb bis zu fünf Jahre dauern.
Letztendlich sind die Hersteller für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. In vielen Ländern besteht die Möglichkeit, außerhalb der nationalen Vorschriften eine separate Risikobewertung durchzuführen, beispielsweise im Rahmen der europäischen Norm für Kälteanlagen und Wärmepumpen, DIN EN 378.
Ein Hersteller könnte – vorbehaltlich der in dem Dokument festgelegten Einschränkungen – seine Risikobewertung, dass die neuen, höheren Grenzwerte sicher seien, mit der neuen, internationalen Norm begründen.
Die IEC entschied sich zunächst mit einer Stimme Mehrheit gegen die Erhöhungen. Diese Ablehnung gemäß Abstimmung wurde jedoch später angefochten und gekippt.
Die Situation führte zu einer gewissen Verwirrung in der Branche. Die neuen Grenzwerte wurden jedoch inzwischen von der IEC angenommen und sind in der überarbeiteten Fassung der IEC 60335-2-89 enthalten.
Die überarbeitete Norm gilt für elektrisch betriebene Gewerbekältegeräte und erstmals auch für Eismaschinen. Sie gilt auch für:
- Mehrstöckige Kühlregale
- Kühlregale und Kühlmöbel mit Glastüren
- Flaschenkühler
- Kühltheken
- Schockfroster
- Offene Kühlregale
- Truhenartige Kühlmöbel
- Speiseeis-Verkaufstheken
- Zubereitungstheken
- Tiefkühlmöbel
Die Gültigkeit erstreckt sich auch auf Getränkekühler, vorausgesetzt, der Verdichter ist in das Arbeitsplattengehäuse integriert und befindet sich nicht außerhalb des Geräts.
Die überarbeitete Norm gilt jedoch NICHT für begehbare Kühlregale, Eiscremespender und Wasserspender oder begehbare Kühlräume.
Betroffen von der Norm sind Geräte, die einen beliebigen Kühlkreislauf mit einer Füllung von 150 g oder mehr brennbaren Kältemittels beinhalten. Diese müssen so gebaut und installiert werden, dass ihr Betrieb keine übermäßigen Vibrationen oder Resonanzstellen in den an den Motor-Verdichter angeschlossenen Rohrleitungen verursacht.
Die Einhaltung der Norm wird nach folgenden Kriterien beurteilt:
- Das Gerät ist gemäß den Installationsanweisungen installiert und wird mit Nennspannung oder an der oberen Grenze des Nennspannungsbereichs versorgt.
- Die Versorgungsfrequenz für alle Motor-Verdichter mit Festdrehzahl wird in 1-Hz-Schritten zwischen dem 0,9- und dem 1,1-fachen der Nennfrequenz variiert.
- Die Versorgungsfrequenz vom Frequenzumrichter zu drehzahlvariablen Motor-Verdichtern wird in 1-Hz-Schritten von der Mindest- zur Höchstfrequenz über den Drehzahlbereich im Gerät erhöht.
- Die Schwingungsamplitude wird an Punkten in der Rohrleitung mit großer Amplitude gemessen
- Bei der Messung mit einem Tiefpassfilter bei 200 Hz bleiben die Vibrationen in kältemittelhaltigen Teilen unter einer Beschleunigung von 0,3 g RMS.
- Messsensoren haben keinen Einfluss auf das Vibrationsniveau der Leitung
Die überarbeiteten Regeln der IEC 60335-2-89 für brennbare Kältemittel gelten für Geräte, bei denen der Verdichter im Gehäuse des Hauptgerätes untergebracht ist.
Weitere Einschränkungen sind:
- Separate Verflüssigungssätze dürfen nicht mehr als 150 g brennbares Kältemittel pro Kühlkreislauf enthalten.
- Systeme mit brennbarem Kältemittel müssen hermetisch abgedichtet sein. Lötverbindungen sind zulässig, Bördelverbindungen jedoch nicht. Andere Anschlüsse wie O-Ringe und Schräder-Ventile können je nach Bauweise akzeptabel sein.
- Die Regeln gelten nur für Kältemittel mit einer Molmasse von mindestens 30 kg/kmol; Also Kältemittel, die schwerer als Luft sind. Diese sinken somit bei einem Leck nach unten.
- Wenn das System läuft, darf es keine übermäßigen Vibrationen im Verdichter oder in den Rohrleitungen, die zu ihm führen, erzeugen. Nachstehend finden Sie nähere Angaben dazu, wie dies definiert wird.
Die Füllgrenzwerte für brennbare Kältemittel in der IEC 60335-2-89 gelten pro Kreislauf. Eine höhere Befüllung in einem System ist möglich, wenn mehrere Kreisläufe vorhanden sind. Dies wird als sicher betrachtet, da das Hauptrisiko eher von einem Leck als von einer Zündung im System selbst ausgeht.
Damit im Falle eines Lecks keine explosionsfähige Atmosphäre entsteht, können Geräte mit Füllungen oberhalb einer bestimmten Grenze nur in Räumen mit einer Mindestgrundfläche eingesetzt werden.
Diese Raumgröße wird auf der Grundlage der Kältemittelfüllung und der unteren Entflammbarkeitsgrenze (UEG) des Kältemittels berechnet. Der Hersteller muss die Einschränkung deutlich sichtbar auf einem Standard-Label nach IEC 60417-6415 anbringen.
Die Mindestraumgröße (in m2) ist gleich:
- der Kältemittelfüllung (in kg), geteilt durch
- ein Viertel der UEG (in kg/m3) multipliziert mit 2,2 (die angenommene Raumhöhe)
So würde beispielsweise ein System mit 153 g R290 folgende Mindestgrundfläche erfordern:
0,153 kg/2,2 m x (0,25 x 0,038 kg/m3) = 7,3 m2
Bei einem System mit 494 g R290 ist die erforderliche Grundfläche viel größer:
0,494 kg/2,2 m x (0,25 x 0,038 kg/m3) = 23,6 m2
Der Hersteller muss sicherstellen, dass die Berechnungen korrekt sind und die Einheit korrekt und normgerecht gekennzeichnet ist. Es liegt jedoch in der Verantwortung des Benutzers, dafür zu sorgen, dass das Gerät vorschriftsmäßig installiert wird.
Ja. Der Grenzwert gilt für jeweils eine Einheit. Es ist nicht erforderlich, die Grundfläche zwischen ihnen aufzuteilen. Das Risiko, dass mehrere Einheiten gleichzeitig ein Leck entwickeln – und damit eine explosionsfähige Atmosphäre entsteht – wird nämlich als sehr gering erachtet.
Die IEC 60335-2-89 fordert, dass ein System mit mehr als 150 g brennbarem Kältemittel so ausgelegt sein muss, dass keine übermäßigen Vibrationen oder Resonanzen in den Rohrleitungen zum Verdichter entstehen.
Die Norm legt einen Vibrationsgrenzwert von 0,3 g RMS (gemessen mit einem Tiefpassfilter von 200 Hz) bei 90 bis 110 % der Verdichternennfrequenz oder über den gesamten Drehzahlbereich eines drehzahlvariablen Verdichters fest.
Nein, die Druckgeräterichtlinie (PED) wurde nicht verändert. In Europa verkaufte Systeme müssen nach wie vor diesen Vorschriften entsprechen. Erwähnenswert ist, dass die Druckgeräterichtlinie (PED) nicht zwischen A2L- und A3-Kältemitteln unterscheidet. Die Regeln gelten für alle brennbaren Kältemittel gleichermaßen.
IEC 60335-2-89 ist eine freiwillige internationale Norm, welche als Informationsgrundlage für die nationalen Vorschriften von Ländern auf der ganzen Welt dient. Jedes Land setzt dann wie gewohnt seine eigenen Regeln durch.
Der Umgang mit brennbaren Kältemitteln erfordert zusätzliche Fähigkeiten. Dies spiegelt sich in den Richtlinien wider, die von Land zu Land unterschiedlich sind. In den USA wird dringend empfohlen und in Europa ist vorgeschrieben, dass die Wartung von Systemen mit brennbaren Kältemitteln nur von speziell geschulten Technikern durchgeführt werden darf. Einige bieten spezielle Zertifizierungsprogramme an.
Weitere Informationen zu bewährten Verfahren und Schulungen für brennbare Kältemittel finden Sie in unserem Kältemittel-Kompetenzzentrum.
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