Von Jürgen Fischer, President of Danfoss Cooling und Mitglied des Danfoss Group Executive Team
Stellen Sie sich vor: Sie leben in einem heißen und feuchten Klima und erhalten Zugang zu Energie. Was wäre wohl das Erste, das Sie kaufen würden, um sich angenehmes Klima zu verschaffen? Es wäre sicher eine Klimaanlage. Mit steigendem Einkommen und Lebensstandard steigt auch die Verwendung von Klimaanlagen in Gebäuden auf der ganzen Welt. Infolgedessen wird sich der globale Energiebedarf für Klimaanlagen bis 2050 voraussichtlich verdreifachen [1]. Das Problem dabei ist, dass die Menschen Klimaanlagen kaufen, deren durchschnittliche Wirkungsgrade weniger als die Hälfte dessen betragen, was heute auf dem Markt erhältlich ist [2]. Um auf die wachsende Nachfrage nach Raumkühlung reagieren zu können, müssen wir zuallererst über Energieeffizienz nachdenken.
Kühlgeräte, wie z. B. Klimaanlagen, verbrauchen Energie und geben während ihres Betriebs Wärme ab. Jeder, der schon einmal die Rückseite seines Kühlschranks angefasst hat, weiß, wovon ich spreche. Durch diese gewonnene Wärme wird der Bedarf an Klimatisierung jedoch weiter erhöht. Diese Dynamik in Kombination mit dem steigenden Kühlbedarf treibt nicht nur den Energiebedarf in die Höhe, sondern erhöht auch den CO₂-Ausstoß. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, über Energieeffizienz nachzudenken.
Nachhaltige Kühllösungen
Wenn ich offen und ehrlich sein soll – ich stehe total auf Kühlung. Ich bin ein leidenschaftlicher Unterstützer der Entwicklung von Technologien, die für das richtige Klima für Menschen und Produkte und den Klimaschutz der Erde sorgen. Die jüngste Veröffentlichung eines Berichts der Internationalen Energieagentur (IEA) über die Zukunft der Kühlung (The Future of Cooling) [1] hat deshalb zwangsläufig mein Interesse geweckt. Die IEA kommt zu dem Ergebnis, dass Kühlgeräte etwa ein Fünftel des gesamten Stroms in Gebäuden auf der ganzen Welt ausmachen – oder 10 % des gesamten weltweiten Stromverbrauchs. Zusammengefasst bedeutet das: Die Kühlung ist der stärkste Wachstumstreiber für die Stromnachfrage in Gebäuden und allein die drei Länder Indien, China und Indonesien machen die Hälfte davon aus!
Es ist deshalb entscheidend, dass wir bei der Wandlung zu einem nachhaltigen Kältesektor die Vorreiterrolle übernehmen. Und wir müssen heute damit anfangen. Wir müssen uns auf die beste verfügbare Technologie konzentrieren und dabei helfen, die Auswirkungen von Kühlung zu reduzieren, die sie auf den Energiebedarf und die CO₂-Emissionen hat. Mit intelligenten Energielösungen wie Fernwärme-, Wärmespeicher- oder Wärmepumpentechnik, können Wärme- und Kühlkreisläufe miteinander kombiniert werden und weitere Innovationen wie die Wärmerückgewinnung ermöglichen. Die Kombination von Kühl- und Wärmesynergien ist eine sehr energie- und ressourceneffiziente und kostengünstige Lösung zur Stabilisierung des gesamten Energiesystems. Nehmen wir die nächsten beiden Beispiele für Lösungen, die genau das tun und bereits heute verfügbar sind.
Mit Wärme in die Zukunft blicken
Erinnern Sie sich noch an das Bild von der Kühlschrankrückseite? Der Kühlprozess erzeugt also Wärme. In der Regel wird diese Wärme aber nicht genutzt, sondern an die Luft abgegeben. Bei der Wärmerückgewinnung handelt es sich um einen innovativen Prozess, bei dem wir überflüssige Wärme zurückgewinnen und in das lokale Energiesystem integrieren. Dies ist eine neue und sehr attraktive Möglichkeit, den Einsatz von Kühlung effizienter zu gestalten.
Denken Sie an den Supermarkt, wo Sie immer einkaufen gehen. Ein Kühlsystem in einem Supermarkt erzeugt viel überschüssige Wärme, während es Ihr Eis und Ihre Tiefkühlpizza kühlt. Mit einer Wärmerückgewinnungslösung können Supermärkte stattdessen die Wärme recyceln und damit den eigenen Geschäftsraum heizen oder kostenlos warmes Leitungswasser erzeugen. So kann beispielsweise die Wärmerückgewinnung aus Milchkühlsystemen zur Vorwärmung von Waschwasser genutzt werden, was zu einer Energieeinsparung von 60 % führt. Ansonsten können Supermärkte die Wärme auch an die Nahwärmeversorger verkaufen und über Fernwärmesysteme verteilen. So kann mit Wärmerückgewinnungslösungen letztendlich Energie für andere Anwendungen gespart und der Gesamtenergieverbrauch im Heiz-und Kühlsystem reduziert werden.
Gebäude sind Teil der Lösung
Und was wäre, wenn Gebäude insgesamt mehr Energie liefern könnten, als sie verbrauchen? Wir wissen bereits, dass es für die wachsende Nachfrage nach Raumkühlung Technologien zur Maximierung der Energieeffizienz braucht. Aber wussten Sie auch, dass Gebäude die nötige Flexibilität für innovativere Lösungen bieten und eine wichtige Rolle in intelligenten und integrierten Energiesystemen spielen können?
Das meine ich ernst. Wir können den Kühlbedarf ändern, indem wir mit den Gebäuden selbst beginnen. Fernwärme ist ein zukunftssicheres System – sie versorgt mit Strom, Wärme und Kälte, regelt Nachfrage und Angebot und nutzt gleichzeitig große Datenmengen, um Systemspitzen vorherzusehen und auszugleichen, was wiederum die Effizienz drastisch steigert. Derselbe Supermarkt, der mit einer Wärmerückgewinnungslösung arbeitet, kann, wenn er in das größere Energiesystem integriert ist, Überkapazitäten freisetzen, die 70 % der Kühlleistung eines Verdichters ausmachen.
Aber diese Art von innovativen, intelligenten Lösungen erfordern Zusammenarbeit und eine gemeinsame Denkweise. Alle Technologien sind bereits heute vorhanden, werden aber meist eher isoliert eingesetzt. Durch die Erschließung der enormen Synergien, die sich aus der echten Konnektivität und Zusammenarbeit ergeben, kann ein Problem in eine Lösung verwandelt werden. Eine solche Erschließung kann weltweit zu intelligenteren, effizienteren Energiesystemen führen.
Effiziente und nachhaltige Kühlung für alle erreichen
Die Erhöhung der Verfügbarkeit energieeffizienter Kühltechnologien ist die Lösung, um einen „Cold Crunch“ [2], wie die IEA es nannte, also einen Kälteengpass zu verhindern. Und das Systemdenken muss im Vordergrund aller Energieeffizienzlösungen stehen. Die Koppelung von Wärme- und Kühlbereichen kann zu enormen Effizienzsteigerungen führen. Kühlen ist kein Luxus – es ist ein wesentlicher Bestandteil unserer modernen Gesellschaft. Und wenn es uns gelingt, dies nachhaltig zu tun, werden wir auch den Klimaschutz der Erde sorgen.
Und wenn die Technologie bereits heute verfügbar ist – und sie ist es – dann müssen wir die Regierungen auffordern, mehr für die Effizienz zu tun. Durch politische Maßnahmen können auch die Probleme behandelt werden, die sich aus der wachsenden Nachfrage nach Raumkühlung ergeben, und sie können erhebliche und schnelle globale Wirkungen erzielen. Die richtigen politischen Maßnahmen sind entscheidend, um einen nachhaltigen Weg in die Zukunft der Kühlung zu gewährleisten und es den Menschen zu ermöglichen, in einem angenehmen Klima zu leben, ohne die Energiesysteme oder den Planeten zu belasten.
Die Umsetzung und Durchsetzung von Effizienzstandards für Klimaanlagen und Bauvorschriften, durch die der Kühlbedarf reduziert wird, sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Deckung des weltweiten Raumkühlbedarfs. Es gibt Belege dafür, dass sich die durchschnittliche Energieeffizienz des weltweiten Klimaanlagenbestands bis 2050 mehr als verdoppeln könnte [3]. Aber selbst ohne umfassende Regelungsmaßnahmen läge die Effizienz immer noch 40 % unter der der effizientesten auf dem heutigen Markt erhältlichen Klimaanlagen [4]. Die Technologie ist da. Aus meiner Sicht kann deshalb nur durch politisches Handeln ein wesentlich nachhaltigerer Weg eingeschlagen werden.
Referenzen:
[1] IEA (2018) The Future of Cooling: Opportunities for energy-efficient air conditioning.
[2] IEA (2018) The Future of Cooling: Opportunities for energy-efficient air conditioning.
[3] IEA (2018) The Future of Cooling: Opportunities for energy-efficient air conditioning, S. 66 ff
[4] IEA (2018) The Future of Cooling: Opportunities for energy-efficient air conditioning, S. 66 ff